Dienstag, 10. Mai 2005
Alles Müll! oder: eine Lektion in Bürgerfreundlichkeit Seit wir hier unten wohnen, sehe ich Rostock, und ganz besonders die Müllpolitik dieser Stadt, mit ganz anderen Augen. Ich erinnere mich an so tolle Dinge wie zwei frei wähl- und kurzfristig bestellbare Sperrmüllabholtermine im Jahr, gelbe und blaue Tonnen, und natürlich den Recyclinghof Lütten Klein, wo man, stets unter der strengen Aufsicht einer etwas murrigen Dame in orange, seine elektronischen Ex-Habseligkeiten für lau entsorgen konnte. Nun, im Landkreis Böblingen funktioniert die Abfallwirtschaft ein wenig anders... Sicher, es gibt auch hier einen Recyclinghof, nur heißt er hier Wertstoffhof, und dient den hiesigen Bürokraten als Entschuldigung dafür, daß den Einwohnern weder eine gelbe Tonne zur Verfügung gestellt wird, noch die Abholung von gelben Säcken organisiert wird. Man soll doch bitte sämtlichen Abfall mit dem Grünen Punkt zum Wertstoffhof bringen. Der außerhalb der Stadt liegt. Und als ob das als Schikane noch nicht reichen würde, gibt es dort nicht nur einen Container, in den man dann seine Wertstoffe wirft, nein!, der überraschte Zugezogene (schwäbisch: "'Neig'schmeckter") sieht sich mit einer ganzen Reihe von Behältern konfrontiert, die so abstruse Aufschriften tragen wie "Kunststofffolien, größer als A4" oder "Getränkekartons, höchstens 1,5 Liter". Und die Leute fügen sich!! Man sieht allsamstäglich Auto neben Auto stehen, alle mit offenem, zugemülltem Kofferraum, und die Besitzer rennen emsig von einem Container zum nächsten, um den Abfall aus ihren Müllsäcken auch ja korrekt einzusortieren. Und wehe dem, der versucht, seinen gelben Sack wie er ist in den "restliche Wertstoffe"-Behälter zu schmuggeln, — er kommt sich vor wie ein Verbrecher, und sollte sich auch tatsächlich nicht erwischen lassen, denn die Mitarbeiter des Wertstoffhofs haben einen tadelnden Blick drauf, daß einem angst und bange wird. (Naja, bisher hab ich immer erfolgreich schmuggeln können...) So weit zum grünen Punkt, gehen wir weiter: Papiermüll! In Rostock hatten wir die blaue Tonne, und was waren wir glücklich mit ihr... Ich habe vernommen, daß es sowas hier auch gab, in grauer Vorzeit, als die Abfallbürokraten in Böblingen noch nicht komplett ausgetickt sind. Heute jedenfalls wird die Altpapierabholung einmal im Monat durchgeführt, und zwar von den örtlichen Vereinen! Das heißt, einmal im Monat sammelt die Jugendfeuerwehr, oder auch das Akkordeonorchester, sämtliche Papierstapel auf, die von den Bürgern an den Straßenrand gestellt wurden. Natürlich ordnungsgemäß verschnürt, denn sonst behält man sich vor, das Zeug stehenzulassen. Und selbstverständlich dürfen auch keine Folienreste (sprich, Klebestreifen oder ähnliches) mehr vorhanden sein, denn sonst müssen sie's nicht mitnehmen. Daß sie überhaupt kommen, hängt wiederum von Fortuna ab, denn auch wenn wir bisher Glück hatten und alles abgeholt wurde, was wir rausgestellt haben, soll es durchaus vorkommen, daß trotz Termins einfach mal niemand sammelt. Und dann fügt sich der brave Schwabe, sammelt seine Papierhaufen wieder ein, und wartet auf den nächsten Termin. Oder fährt sie zum Wertstoffhof. So geht's doch auch. Schlußendlich das Highlight: Sperrmüll. Was haben die Rostocker es gut, zweimal im Jahr kann man bei der Stadtverwaltung Sperrmüll anmelden, und zum Termin einfach alles rausstellen, was man loswerden will, und einen Tag später ist es weg. So oder so ;-) Hier kriegt man Sperrmüllgutscheine, vier pro Jahr. (Muß nur ich jetzt an Lebensmittelkarten denken?) Jeder Gutschein berechtigt zur Entsorgung von einem halben Kubikmeter Sperrmüll, wenn man ihn selbst zum Wertstoffhof bringt, oder aber einem Viertelkubikmeter, falls man so dreist ist und eine Abholung beantragt. Wobei man dann nach schriftlicher Anfrage samt grober Kubikmeterschätzung einen Termin nach Gutdünken der Abfallwirtschaftler zugewiesen bekommt, meist drei Wochen in der Zukunft, an dem man selbstverständlich persönlich zugegen sein muß. Denn jeder weitere über die Gutschein-Freimenge hinaus bereitgestellte Viertelkubikmeter kostet in jedem Falle fünf Euro, die auch sofort einkassiert werden. Wir haben sogar kurz drüber nachgedacht, den Müll, der bei der Renovierung unserer Wohnung angefallen ist, einfach in den leeren Umzugs-LKW zu laden, und in Rostock kostenlos zu entsorgen. Das war uns aber dann doch zu blöd ;-) Nur gut, daß wir einen Komposthaufen im Garten haben, so bleibt uns wenigstens weiterer potentieller Ärger mit der Biotonne erspart... Den Streß mit dem grünen Punkt auf dem Wertstoffhof tun wir uns übrigens jetzt nicht mehr an; bei uns wandert alles immer schön in die graue Tonne. Die kostet zwar ab der fünften Abholung im Jahr fünf Euro extra je Abholung, aber das sind mir meine Zeit und meine Nerven durchaus wert. Mit so viel bürokratischem Getue kriegen sie das an sich ja sinnvolle, aber hier völlig überzogene Konzept der Mülltrennung bei mir jedenfalls nicht verankert... Aber, und das ist die Erkenntnis dieser ganzen Sache: Wir befinden uns hier im Mekka der Bürokraten, und die leben bekanntlich in ihrem eigenen, parallelen Universum — r. und a. aufgepaßt, hier könnt Ihr noch was lernen!
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